WORIN LIEGT UNSERE SCHULD?

Gedichte werden heute nicht gelesen –

die Publizistik fesselt unsren Sinn.

Wir suchen nach der Wahrheit tiefstem Wesen,

durchwühlen unser Sein von Anbeginn.

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Was wir erlebt, erlitten und ertragen,

durchstöbern wir mit störrischer Geduld

und quälen uns mit ungeklärten Fragen:

Worin, worin liegt unsre große Schuld?

*

Es rascheln früh und spät die Zeitungsblätter,

wir merken nicht der Uhrenzeiger Lauf.

Das ganze Land umtost ein Frühlingswetter

und wühlt die Herzen und Gemüter auf.

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Fast jeder Tag bringt eine neue Wende,

uns wird das Maß der Aufgaben bewusst.

Jetzt, da man endlich offen reden könnte,

hab ich zum Reden weder Kraft noch Lust…

* * *

1989