UNSER FREUND – DAS MICKILEIN

Mit ihren beliebten Kinderbüchern „Nur nicht heulen wegen Beulen“, „Vom Blöcken, Bellen und Brüllen“, „Otars Entdeckungsreise“, „Viele gute Kameraden“ u.a. hat Nora Pfeffer Maßstäbe gesetzt. Nun ist unlängst im Verlag „Kasachstan“ ein neues Buch derselben Autorin erschienen. Es heißt „Mick, das Äfflein“ und wurde – wie alle vorhergehenden Bücher der Dichterin – von dem Maler Wladimir Beseljuk mit farbenfreudigen, wunderbar heiteren Illustrationen ausgestattet.

Da ist die lustig gereimte Geschichte am Anfang, die dem Buch den Namen gegeben hat:

„Aus diesem Bilderbuche hier

grüßt euch der Mick, das Affentier,

der es bis jetzt nicht kann erfassen,

dass Schatten sich nicht kehren lassen.“

Das drollige Äfflein aus Borneo, das Onkel Willi als Reisegeschenk mitgebracht hat für Leo, wird des Jungen bester Freund und nachahmungsgewandter Lehrling:

„Die beiden können sich gut leiden,

sie sind auch wirklich zu beneiden,

der Leo und der Affe Mick:

Für alles haben sie Geschick!“

Nora Pfeffer ist es vortrefflich gelungen, das Ästhetische in den Beziehungen zwischen Mensch und Tier wirksam werden zu lassen und Empfindungen und Gefühle zu wecken, die man nicht früh genug wecken kann, um die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen zu fördern.

Liebe und Verständnis für andere Lebewesen sind die entscheidende Kraft im Gedicht „Hannes und das Vöglein“:

„Ein Vöglein mit gebrochenem Flügel

sieht Hannes auf der Erde liegen.

Er hebt es auf, trägt es nach Haus

und heilt ihm da den Flügel aus.“

Wie das arme Ding so traurig und still in seinem Käfig sitzt und weder Körnlein noch Wasser anrührt, tut´s dem Hänsel leid, und er schenkt ihm die Freiheit wieder. Dafür wird er reichlich belohnt:

,,Es flattert höher, immer höher,

dann macht es kehrt, kommt wieder näher,

lässt auf dem grünen Baum sich nieder

und singt dem Hannes seine Lieder.“

Mit reicher Phantasie bekleidet Nora Pfeffer unsere Umwelt und lässt dabei das Vergnügliche nicht zu kurz kommen. Spass am Fabulieren führt oft zu seltsamen Situa­tionen, aber auch Mitgefühl und Anteilnahme am anderen Menschen und Lebewesen werden genauso deutlich gemacht wie das Sicheinsetzen für alles, was einem lieb und teuer ist:

„Der Lehrer Hecht, der lässt euch sagen:

Wer Freunde hat in schlimmen Tagen,

der fürchtet weder Feind noch Tod,

man wird ihm helfen aus der Not.“

Auch die wohlgemeinte Belehrung des erfahrenen und hochbetagten Fischelehrers ist nicht überflüssig:

„Und auch ihr seid jung an Jahren,

und es fehlt euch an Erfahrung.

Darum, wenn ein Wurm sich windet,

rosig reizend die Empfindung,

müsst ihr doppelt achtsam sein,

denkt daran: Es trügt der Schein!“

Ernsthaft und fröhlich zugleich entwickelt Nora Pfeffer im Gedicht „Das Starenhochhaus“ ein Thema, das aus dem Alltag der Kinder stammt und sie immer tief bewegt. Unter Opas Leitung bauen Rudi und Margareth ein Starenhochhaus und freuen sich, als es fertig ist und an der hohen Eiche hängt:

„Ein Ende haben Zank und Zwist!

Ein jedes Starenpaar begrüßt

voll Wonne und voll Wohlbehagen

das neue Heim nach schlimmen Tagen.

Dann jubeln sie ihr Frühlingslied,

weil schon das erste Veilchen blüht.“

Wollen hoffen, dass alle Kinder das mutige, treue und fleißige Tapselchen, das schließlich auch mal so schön sein wollte wie seine Freundin, das quicklebendige und reizende Eichhörnchen liebbekommen und künftig dessen Warnung beherzigen werden:

„Mit Putzsucht und mit Eitelkeit

kommt man im Leben niemals weit!“

Sprachlicher Glanz, poetischer Reiz, anmutiger Humor und gedankliche Klarheit kennzeichnen Nora Pfeffers Handschrift, deshalb ist ihr neuerschienenes Kinderbuch ein wertvoller Beitrag zur Bereicherung der jungen russlanddeutschen Kinderliteratur.

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