In Tagen der Misslaune und quälender Zweifel tauche ich gewöhnlich unter im Lesesaal der Stadtbibliothek. Hier herrscht eine wohltuend feierliche Stille. Hier treffe ich mich mit der schonungslos offenherzigen und wahrheitsliebenden Olga Bergholz und der durchdringend zärtlichen Silva Kaputikjan, mit dem wütend aufrichtigen Jaroslaw Smeljakow und dem besorgt unermüdlichen Alexander Twardowski, mit dem wohlwollend ironischen und einfallsreichen Michail Swetlow und dem schwungvoll bewegten Michail Lukonin, mit dem ungestümen, schwermütig sehnsuchtsvollen Alexander Jaschin und der unberechenbaren, lyrisch nachdenklichen Veronika Tuschnowa… Wie seelenruhig ihre Bücher dicht an dicht auf den Regalen stehn… Auch Nikolai Rubzow und Wassili Schukschin sind mit dabei – beide
sprunghaft schroff, verhalten zärtlich. Bücher. Leben. Schicksale. Und unwirkliche Stille im Lesesaal. Eine lächelnde, weinende, anklagende und belehrende Stille. Und meine Ratgeber…
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