TROST

Von allen Monaten im Jahr ist der April wohl der allerverrückteste: launisch und unberechenbar, mit Schneeglöckchen den Frühling einläutend und mit Sturmhagel den Winter versprechend. Manchmal regnet es tagelang. Dann schmücken sich die Asphaltstraßen mit großen blanken Pfützen – graue Wasserspiegel für die Tauben, Sperlinge und Meisen. Ein andersmal schneit es stürmisch und toll, als schüttele Frau Holle emsig ihr Federbett, bestrebt, die ganze Welt in eine daunenweiche Flockendecke einzuhüllen.

Es war Ende April. Nach langer Winterkrankheit war ich zum erstenmal wieder ausgegangen und wandelte allein das Irtyschufer entlang. Weil ich mich noch unwohl fühlte, rührte mich die ungestüme Schönheit dieses Apriltages unsagbar stark.

Plötzlich drang ein dunkles Rauschen an mein Ohr. Ich hob den Kopf und erblickte eine vorüberfliegende Vogelschar. Die Wandervögel kehrten heim aus warmen Ländern und grüßten mit lautem Geschrei ihre geliebte nördliche Heimat. Ermüdet vom weiten Weg, flogen sie ganz niedrig über dem Irtysch, und ihr Flügelschlag klang aufgeregt und gedämpft. Unwillkürlich schossen mir Tränen aus den Augen… Diese heimkehrende Vogelschar weckte in mir längst vergessene Sehnsüchte und Wünsche und ließ mich die Umwelt mit erwachenden Augen sehn. Ist es nicht ein Trost für uns, dass die Wandervögel jeden Frühling heimkehren und den Sommer über unsere Freunde und Verbündete sind? Also ist es zu Hause am schönsten!